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Bergbau

Bergbau im Müsener Revier

Frühgeschichte
Die Region Siegen-Wittgenstein ist eine der ältesten Montanregionen Europas. Zahlreiche Bergbau-, Hütten- und Hammerwerke begründeten in Verbindung mit der Haubergswirtschaft  eine lang andauernde Erfolgsgeschichte. Die Gewinnung von Eisen und anderen Metallen im Bergbau im Siegerland und deren Weiterverarbeitung ist seit über 2.500 Jahren bekannt. Die Kelten aus dem Donauraum und die Skythen an Dnjepr und Don hatten das Montanwesen bereits um 1.100 v. Chr. so hoch entwickelt, dass Gebrauchsgegenstände aus Eisen die aus Bronze allmählich ablösen konnten. Nach Funden aus der Keltenzeit am Hallstätter See in Oberösterreich nennt man die frühe Eisenzeit auch “Hallstatt-Zeit”. Zwischen 650 und 500 v.Chr. kamen die Kenntnisse über die Eisengewinnung ins westliche Mitteleuropa. Handel und Wissensaustausch mit Griechen, Etruskern und Römern hatten die eigenständige La-Tene-Kultur zur Folge. Eines der keltischen Zentren der Gewinnung und Verarbeitung von Eisen und anderen Metallen war das Siegerland. Silber, Kupfer und Blei wurden nur im Bergrevier an Martinshardt und Kindelsberg in größerem

Bild 1 - Bergbau im 16. Jahrhundert - Vor dem Einsatz der Wasserkraft hoben “Haspelknechte” Bergleute, Erz, Gestein, Wasser und Werkzeuge ans Tageslicht

Umfang gewonnen und traten sonst gegenüber dem Eisenvorkommen zurück. Eine besondere Bedeutung hatte das Metall Silber, aus dem Münzen hergestellt wurden und dessen Vorkommen meistens an Blei gebunden war. In der Bergbausiedlung Altenberg wurde vor allem silberhaltiger Bleiglanz gefördert.

Kelten, die umfangreiches Wissen über das Montanwesen hatten, entdeckten im 6. oder 5. Jahrhundert v. Chr. die “Ausbisse” der Siegerländer Erzlager und gewannen erstmals Eisen und andere Metalle in einfachen Schmelzöfen. An den Ausbissen herumliegende Gesteinsbrocken mit Erzeinschlüssen, sogenannte “Molterstücke”, waren leicht zu gewinnen. Das führte zu dem so genannten Pingenbergbau, der dem Bergbau unter Tage vorausging.

Über einen Bergbau in dieser Zeit, der nicht nur in Müsen sondern auch in dem Ortteil Ruckersfeld - allerdings wohl in erheblich geringerem Umfang - stattgefunden hat, ist heute nichts mehr bekannt. Der Gosenbacher Lehrer Otto Krasa, der auch Montanarchäologe war, wies nach geplanten Ausgrabungen eine erste Verhüttungsperiode von ungefähr 500 v.  bis 100 n. Chr. nach. Diese setzte natürlich einen Bergbau voraus. Die Gewinnung des Eisens aus dem Erz erfolgte damais bei etwa 1.000° C in kuppelförmigen “Windöfen", so genannten Rennöfen, die mit sehr viel Holzkohle und dem Zug von natürlichen Hangaufwinden arbeiteten. In einem historischen Hauberg in Kreuztal -Fellinghausen versucht ein kleiner Verein übrigens seit Jahren, einen solchen Ofen nachzubauen und Eisen aus eisenhaltigem Gestein zu erschmelzen (siehe dazu auch www.hauberg.onlinehome.de). Das Ergebnis des Schmelzvorgangs waren eisenreiche, noch Schlacke enthaltende, zähflüssige “Luppen". Reines Eisen schmilzt bei 1.535° C. Da die Kelten damals noch nicht so hohe Temperaturen erreichen konnten, floss aus den Öfen eine zähe Masse, die erst noch von der noch enthaltenen Schlacke befreit werden musste. Die Luppen mussten ausgeschmiedet werden, wodurch sich das Eisen verdichtete und hochwertiger wurde. Das geschah oft in einfachen Waldschmieden, wo der Schmied mit seiner Familie lebte und gleichzeitig z.B. als Bauer arbeitete. Es gab in Zeiten der frühen Schmieden aber auch schon technische Neuerungen wie den Reckhammer, der durch Wasserkraft angetrieben wurde und auf mechanische Weise das Ausschmieden der Eisenluppe erledigte. Wasserkraft gab es ja reichlich im Siegerland. Zur gezielten Nutzung legte man auch Weiher und

Bild 2 - Skizze von einem La-Tène-zeitlichen oder frühmittelalterlichen Schmelzofen mit fußgetriebenen Blasebälgen

Teiche an, die aufgestaut wurden. Durch das Aufstauen und dem möglichen Wasserschwall konnte auch eine größere Kraft erzeugt werden. Durch das “Recken" wurden einfache handhabbare Eisenbarren hergestellt, die zu Werkzeugen oder Waffen weiterverarbeitet werden konnten. Obwohl Germanen urn 400 v. Chr., möglicherweise durch eine weltweite Klimaverschlechterung, das Siegerland besetzten, ging die Bergbau- und Hüttentätigkeit durch die ansässigen Kelten erst einmal weiter. Um 100 n. Chr. verlieren sich ihre Spuren.

Ähnlich wie “Nidda" (ein Fluss und eine Stadt im heutigen Bundesland Hessen,  nordöstlich von Frankfurt und östlich von Gießen gelegen) scheint der Flussname “Sieg" “fließendes Wasser" zu bedeuten. So sagt man noch heute, dass  eine Quelle ver-”siegt". Das Siegerland war aiso das Land der fließenden Wasser oder Quellen, was auch auf den reichlichen Regen hinweist. Das Wort “Eisen" kommt wohl ebenfalls von dem keltischen “isarno". Insofem waren es die  Kelten, die dem Siegerland und dem Eisen den Namen gaben.

Schon seit grauer Vorzeit konnte in den ausgedehnten Buchenwäldem des Siegerlandes das Material zur Holzkohlegewinnung eingeschlagen werden. Holzkohle war für die Verhüttung notwendig, da mit normalem Holz keine ausreichend hohen Temperaturen erreicht werden konnten. Der starke Rückgang des  Erzbergbaus von 100 - 700 n. Chr. ist so zu erklären, dass durch den hohen  Holzkohleverbrauch die Wälder des Siegerlandes kahlgeschlagen waren. In der  Folge wanderten viele Bergleute aus. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts n. Chr.  blühte der Bergbau im Siegerland wieder auf. Damals ging man vom Pingenbergbau auf den unterirdischen Stollenbergbau über und “teufte" im Mittelalter  schon Schächte. Diese Ausführungen beschäftigen sich wegen der Kompexität des  Themas mit dem unterirdischen Bergbau. 

 

Das Müsener Revier

Das Müsener Bergbaurevier reichte von der Grenze des Sauerlandes bis ins südöstliche Siegerland. Im Laufe der vergangenen drei Jahrhunderte arbeiteten 110 zumindest zeitweise selbständige Gruben, davon allein 50 im Raum Littfeld-Müsen-Ferndorf und 40 am Gebirgsstock von Martinshardt und Kindelsberg. 40 Gruben befanden sich im Zentrum des Müsener Reviers. Aufgrund von Verhüttungsspuren kann man annehmen, dass keltische Siedler der frühen La-Tene-Zeit urn 500 v. Chr. die herumliegenden Erzbrocken (“Molterstücke") sammelten und auf den “Ausbissen” Brauneisenstein, Blei und Kupfer förderten. Urn 100 n. Chr. war diese Periode offensichtlich zu Ende. “Nach dem Pingenzug am Tage zu urtheilen, ist von den alten ein weitläufiger und, wie nicht anders zu vermuthen, lukrativer Betrieb darauf gewesen", schreibt Oberbergrat Becher

Karte 1: Das Müsener Bergbaurevier um Martinshardt und Kindelsberg mit den wichtigsten Gruben und Stollen

im Jahre 1789. Demnach existierte im frühen Mittelalter emeut ein Bergbau in Tagebauen (Pingen), kleinen Schächten und möglicherweise schon in Stollen.

Die früheste urkundliche Erwähnung vom Bergbau aut der Martinshardt stammt vom 4. Mai 1313 und betrifft den Stahlhandel der späteren Grube Stahlberg. Siegener Renteirechnungen aus der Zeit urn 1465 weisen auf die Bergwerke Haselgrube, Martinshardt, Hermenheil und Hochgrube hin, vermutlich alle auf der Ostseite des Berges, also bei Müsen gelegen. 1587 wird ausführlich über die Grube Altenberg berichtet. Ein geschlossenes Bild ergibt sich aber erst für die Zeit nach 1700, da die Belege verdichtet auftraten. Statistische Angaben über die Anzahl der Beschäftigten und über die Fördermengen kennen wir erst aus der Zeit urn 1830. Am bedeutsamsten waren seit 1700 die Gruben Stahlberg, Wildermann und Altenberg, deren weitläufige Grubenanlagen unter Martinshardt und Kindelsberg miteinander verbunden wurden, urn die Erkundung neuer Erzlager, die Bewetterung und Förderung zu verbessem. Voraussetzung für die Ausdehnung der Gruben in die Tiefe waren die „Tiefen-" oder “Erbstollen", die das Bergwasser ableiteten und die Gruben “vor dem

Karte 2: Die Bergbauregion “Siegerland”, die nicht identisch ist mit den politischen Grenzen, reicht von der Südgrenze des Sauerlandes bis über Altenkirchen hinaus. In über 1.000 Gruben wurden Eisen, Blei, Silber, Kupfer und andere Nicht-Eisen-Metalle gefördert. Die Region Martinshardt und Kindelsberg in der Nachbarschaft des heutigen Hilchenbacher Ortsteils Müsen liegt im äußersten Norden der Region

Absaufen" bewahrten. Der älteste, der Wildemänner Erbstollen, entwässerte unter der Martinshardt einige kleinere Müsener und Femdorfer Gruben. Weitere Erbstollen, die das Wasser des jeweils höheren Stollens “erbten", folgten: 1780 der 140 m tiefere Stahlberger- und 1875 der nochmais 56 m tiefere und 4 km (später gar 8 km) lange Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollen. Durch die Entwicklung der Pumpentechnik wurde später der Bau teurer Wasserlösungsstollen überflüssig und ermöglichte im 19. Jahmundert im Müsener Revier den Tiefbau, d.h. den Abbau unter der tiefsten zu Tage austretenden Stollensohle.

Haubergswirtschaft, Bergbau, Hütten und Hammerwerke -
Ansiedlung von Handwerk und Industrie in Müsen in Folge des Bergbaus
Der seit 1969 zu Hilchenbach gehörende Ortsteil ,,Müsen" ist einer der beiden ältesten der Stadt. lm Jahre 1079 werden die beiden Ortsteile “Muzhena" (also Müsen) und “Rucershagen" (wie man heute weiß, ist der Ortsteil Ruckersfeld gemeint) in der Chronik der Erzbischöfe zu Köln erstmals erwähnt. Müsen ist aber wohl noch sehr viel älter. Die Anfänge liegen aber im Dunklen. Außer das die beschriebenen keltischen Bewohner das Gebiet zeitweise besiedelt hatten, weiß niemand, wer die ersten Menschen waren, die das Tal zwischen Martinshardt, Hohem Wald und Breitenberg zum ersten Mal betraten. Wie sie aussahen, welche Sprache sie sprachen, wovon sie lebten und wo sie begraben sind bleibt verborgen. Sicher ist, dass Müsen nach der Ersterwähnung als “Muzhena" in späteren Dokumenten mal “Muzen" (1313), “Muyszen" (1340), “Müssen" (1343), “Muszin" (1348) oder “Muzsen" (1350) genannt wurde und mundartlich seit vielen Generationen bis heute “Mööse" heißt.

Bild 3 - Die Skizze zeigt einen Schnitt durch das Pingenfeld “Abraham” auf der Martinshardt. Das Gebiet ist von verbrochenen Schächten, Tagebauen und Halden durchzogen. 1=Ausbiss, 2 = Erzgang, 3 = alte Pingen, 4 = Stollen Abraham

Das im Müsener Revier unterschiedliche Erze ober- oder unterirdisch abgebaut wurden, also Bergbau betrieben wurde, ist bereits dargestellt worden. In der Folge der Erzvorkommen und des Bergbaus entwickelten sich einige Folgegewerke. Durch die Funde von Erzen in guter Qualität bildeten sich in und um das Müsener Bergrevier und auch weiterhin in der Bergbauregion Siegerland Betriebe zur Verhüttung der Erze heraus. Das geschah zunächst durch die Kelten in Windöfen, später zunehmend in Hochöfen. Auch zahlreiche Schmieden, die zumeist in Form von Hammerwerken entstanden, bildeten sich als Folge des reichhaltigen Erzvorkommens.

Die ersten spätmittelalterlichen Hochöfen hatten etwa eine Höhe von 6 bis 18 m, einen äußeren Mantel aus “Raugemäuer” und einen Durchmesser von etwa fünf Metern. Neben diesen Öfen stand eine in Fachwerkbauweise errichtete Gießhalle mit seitlichem, durch ein oberschlächtiges Wasserrad angetriebenes Gebläse, um das Feuer, das durch Holzkohleverfeuerung angeheizt wurde, auf Schmelztemperatur zu erhitzen. Die Verfeuerung von Steinkohle wurde erst um 1860 bekannt, und die Verfeuerung von reinem Holz konnte nicht die benötigten Temperaturen erzeugen.

Das durch die Schmelzung im Hochofen erzeugte Eisen war vollständig flüssig und wurde entweder in flache, muldenförmige Vertiefungen vor dem Ofen oder in prismatische Formen geleitet.

Bild 4 - Die Skizze zeigt links ein unterschlächtiges und rechts ein oberschlächtiges Wasserrad

Die Produktion der Öfen belief sich auf maximal 40 Zentner (2 t) Roheisen.

Hochöfen wurden wegen der hohen Temperaturbeanspruchung, die auf den eingeblasenen Wind zurückgeht, mit ausgesucht festen Grauwacken, den so genannten Gestellsteinen, ausgemauert, die man auch am Stahlberger Erbstollen brach. Die Hütten und Hammerwerke sollen jedoch auf dieser Seite nicht näher dargestellt werden. Klicken Sie dazu hier, um auf unsere separate Seite zu diesem Thema zu gelangen.

 

Die Haubergswirtschaft als Folge der Verhüttung von Erzen

Die Geschichte der Niederwaldbewirtschaftung im Siegertand ist so alt, wie seine Siedlungsgeschichte. In Folge der Verhüttung von Erzen, vor allem von Eisen, wurden riesige Mengen an Holzkohle benötigt, die in heimischen Wäldern, aber auch im benachbarten Sauerland und Wittgenstein produziert wurden. Mittelalterliche Straßen, so genannte Hohlwege, durchziehen noch heute die Landschaft des Siegerlandes und zeugen von einer Zeit, in der riesige Bedarfe an Holzkohle gestillt werden mussten und dazu das Eisen als Rohstoff für Werkzeuge und Geräte in andere Teile Deutschlands transportiert werden musste.

Die Produktion der Hochöfen erbrachte bei zwei Abstichen pro Tag zunächst maximal 2 Tonnen (40 Zentner), später, bei sechsstündigen Betriebszeiten der Hütten, maximal 4 Tonnen (80 Zentner) Roheisen, Für diese vier Tonnen Roheisen wurden 6 Wagen Eisenerzsteine (= 7 - 8 Tonnen) und 3 % Wagenladungen Holzkohle (= 4,17 Tonnen) verbraucht. Die dafür erforderliche Holzmenge von ca. 20 Tonnen (= ca. 26 Festmeter) war, gemessen am geschätzten Holzaufkommen im gesamten Siegerland von ca. 60.000 m3, beträchtlich. Die im Jahr 1444 existierenden 29 Hütten im Siegerland hatten bei einer Hüttenreise von vier Monaten pro Jahr einen Bedarf von ca. 90.000 m3 Holz. Ende des 18. Jahrhunderts wurden im Siegerland jährlich 10.000 bis 12.000 Wagen Holzkohle benötigt, davon etwa ein Drittel aus dem Siegerland selbst, ca. 2.000 Wagen aus Wittgenstein und 4.000 bis 6.000 Wagen aus dem kurkölnischen Raum, also aus dem heutigen Sauerland, vornehmlich aus dem heutigen Kreis Olpe.

Diese Zahlen zeigen die Bedeutung der Haubergswirtschaft für den Bergbau bzw. für die Hütten. Die Haubergswirtschaft ist jedoch nicht Gegenstand dieser Seite, sondern wird auf einer separaten Seite in unserem Internetauftritt behandelt. Klicken Sie dazu hier....

Die Hütten und Hammerwerke, also die verarbeitenden Betriebe, werden auf einer anderen Seite unseres Internetauftritts näher vorgestellt. Klicken Sie hier, um dorthin zu gelangen. Die Haubergswirtschaft und die Köhlerei sowie die in deren Folge auftretenden Gerbereien sowie die Leimsiedereien und Filzfabriken werden auf separaten Seiten unseres Internetauftritts dargestellt.

Tabelle 1 - Wichtige Schächte im Martinshardter Revier
nach FENCHEL, u.a. 1985

Bergwerk

Schacht

Teufe (m)

Stahlberg

Schichtgrube
Oberer
Treibschacht
Stahlberger Schacht
Schacht II

30-40
>=124
312,20
669,60

Wildermann

Jungfer-Maschinenschacht1
Wilde Frau

137,30
229,40

Brüche

Tagesschacht
Blindschacht

172
332

Altenberg

Machinenschacht

271,50

1 Dass der Schacht in der Schlussphase des Bergbaus auf 258 m vertieft worden sein soll, wie das z.B. bei SLOTTA 1982 mitgeteilt wird, ist fraglich, Risse dazu fehlen

Tabelle 2 - Gruben und Belegschaft
im Müsener Bergbaurevier 1836

1836 in Betrieb befindliche Gruben

79

Beschäftigte

317

Durchschnittliche Belegschaft

4

Davon lebende Familienangehörige

591

Eisensteinförderung in Tonnen

2.200

Buntmetallförderung in Tonnen

757



Das im Müsener Revier unterschiedliche Erze ober- oder unterirdisch abgebaut wurden, also Bergbau betrieben wurde, ist bereits dargestellt worden. In der Folge der Erzvorkommen und des Bergbaus entwickelten sich einige Folgebetriebe. Die Hütten und Hammerwerke, also die verarbeitenden Betriebe, werden auf dieser Seite im Folgenden nach der Darstellung des Bergbaus noch näher vorgestellt. Die Haubergswirtschaft und die Köhlerei sowie die in deren Folge auftretenden Gerbereien sowie die Leimsiedereien und Filzfabriken werden auf separaten Seiten unseres Internetauftritts dargestellt.

 

Der Bergbau
Der Stahlberger Stock, hier exemplarisch für den Müsener Bergbau
(Die Darstellung weiterer Schächte folgen demnächst)
”Der wichtigste Erzgang der Grube Stahlberg, der wichtigsten Grube mit dem mächtigsten Vorkommen, war der “Stahlberger Stock", ein mächtiges Spateisensteinlager, an dessen
Ausbiss der Müsener Bergbau begann. Die Lagerstätte verlief von Nordwest nach Südost und fiel rnit 80° fast senkrecht nach Osten ein. Sie wurde an ihrer Südostseite durch den “Stuff" begrenzt, eine große geologische Störung mit mehreren Klüften. Hier reichte der Stock bis weit unter den Stahlberger Erbstollen in 140 m Tiefe. An seinem nördlichen Ende verzweigte er in drei große und mehrere kleine Trümer (Ausläufer). Zusammen mit den Nebengesteinseinschlüssen bildete er eine 12 bis 55 m mächtige und 200 m lange Eisensteinmasse von vielleicht

Karte 3: Der Stahlberg um 1777 - Die Bergsenkungen oden sind durch Abraum aus der Grube “Wildermann” verfüllt worden. Am oberen Treibschacht arbeiten bereits die Jung’schen “Förder- und Pumpenkünste”. Der Abbau dringt unterhalb des Molzekuhler Stollens in die Tiefe vor. Der untere Treibschacht und der Tiefe Müsener Stollen, später Stahlberger Erbstollen genannt, sind in Bau

einer Million Tonnen Gewicht. Das Nebengestein bestand aus Grauwacken, Sand- und Tonschiefer." Der Stahlberg hatte nicht nur wegen der enormen Vorräte einen ausgezeichneten Ruf, sondern auch wegen der hervorragenden Qualität des Eisens. Der besonders harte und zähe Stahl wurde “Müsener Grund" oder “Spiegeleisen" genannt. “Der Eigenthümlichkeit und Großartigkeit seiner Lagerungsverhältnisse, dem reinen und manganreichen Spateisenstein, welcher zur Stahlfabrikation ein dem steirischen Eisen nicht nachstehendes Product liefert, und dem hohen Alter seines Bergbaues hat der Müsener Stahlberg seinen weit verbreiteten Ruf zu verdanken", wie nach Mathias Döring Nöggerrath im Jahre 1863 schrieb.

DÜber 600 Jahre Bergbau “Auf dem Stahlberg”
Die Grube “Stahlberg" war am östlichen Hang der Martinshardt. Es war die größte und älteste Grube im Bergbaurevier Müsen. Der Stahlberg wird sehr früh erstmalig urkundlich erwähnt. Am 14. Mai 1313 traf der regierende Graf Heinrich von Nassau mrt den Herren von Hainchen eine Übereinkunft wegen des Zolles vom Stahlberg.

Karte 4: Der Stahlberg um 1840 - Der Tiefe Müsener Stollen (Stahlberger Erbstollen) ist durchgeschlagen, die Jung’sche Pumpenkunst ist abgebaut und der Untere Treibschacht (der spätere Stahlberger Schacht) ist bis unter den Tiefen Stollen abgeteuft. Der Abbau zwischen Molzekuhler- und Tiefem Müsener Stollen ist in vollem Gange und der Tiefbau hat bereits begonnen. Der obere Treibschacht wird stillgelegt

Der Urkunde kann man entnehmen, dass zur Zeit des Zustandekommens der Urkunde die Grube Stahlberg bereits in vollem Betrieb war. Die Grube ist damit eines der ältesten Bergwerke des Siegerlandes. Oberbergrat Becher schrieb 1789 über den alten Stahlberg: “Wahrscheinlich ist es, daß der Stahlberg oder, wie er bei den Alten hieß, Stenberg (Steinberg), in dem Alter ein Jahrhundert, vielleicht auch einige, über das Jahr der ersten Urkunde (1313) hinausreicht. Dieses ist wohl keine bloße Vermuthung, wenn in Erwägung gezogen wird, daß im Jahre 1255 bei der bekannten Brüdertheilung zwischen den Grafen Walram und Otto zu Nassau schon ein bedeutender Berg-und Hüttenbetrieb in den nassauischen Landen auf der rechten Seite der Lahn und hauptsächlich im Lande Siegen gewesen sein müsse, weil Otto, der

Bild 5 - Zollübereinkunft zwischen Graf Heinrich von Nassau und den Herren von Hain(-chen) aus dem Jahre 1313

jüngere Bruder, welcher in der von seinem Bruder Walram gemachten Ländertheilung die Wahl hatte, den Theil auf der rechten Seite der Lahn erkieste (wählte), und so diesen ... den herrlichen Gefilden des linken Lahnufers vorzog." Der Landesherr verlieh aber nicht nur Bergrechte, er hatte auch selbst eigene Anteile am Stahlberg. Am 17. Oktober kaufte Graf Wilhelm von Nassau, Catzenellenbogen, Vianden und Diez für 52 Gulden “ein vierundzwanzigstel Teil am Moesener Berge" von einem Kilian Thies zu Ernsdorf. Im 16. Jahrhundert wurden die Bergbaurechte durch die damais übliche Realteilung immer weiter zersplittert. Die winzigen Betriebe konnten kaum noch wirtschaftlich arbeiten. Außerdem hatte die Rechtsprechung ziemlich verworrene Vehältnisse angenommen, allgemein gültige Urteile wurden immer seltener. Kleinigkeiten lösten eine Kette von Prozessen aus, die das Gewerbe lähmte. Das führte zu einem Verfall des Bergbaus. Die “Nassauische Bergordnung", die Wilhelm der Reiche (1516-1559) mit Wirkung vom 1. September 1559 in Kraft setzte, beendete die chaotischen Verhältnisse und führte die Montanindustrie zu einer bedeutenden Expansion.

Tabelle 3: Chronik der Grube Stahlberg

1313

Erste urkundliche Erwähnung des Bergbaus aut dem “stenberge zu mutzen"

1611

11 Gruben arbeiten aut dem Stahlberger Stock, Baubeginn des Molzekuhler Stollens

1648

Landesherrliche Bestätigung der Gewerkschaft Stahlberg

1740

Baubeginn des Tiefen Müsener Stollens

1755

Förderkunst von Johann Heinrich Jung, ein Onkel von Johann Heinrich Jung, genannt “Stilling", am Oberen Treibschacht

1767

Pumpenkunst von J.H. Jung im Oberen Treibschacht

1780

Der Tiefe Müsener Stollen wurde fertig gestellt

1826

Baubeginn des Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollens

1856

Der Cöln-Müsener-Bergwerksverein wird zu 5/6 Eigentümer des Stahlbergs

1875

Der Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollen wurde fertig gestellt
Der Stahlberger Stock ist fast ganz abgebaut

1879

Der Stahlberg säuft bis zum Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollen ab

1906

Das Erzlager “Neuer Stahlberg" wurde entdeckt

1916

Die Charlottenhütte Niederschelden wird Eigentümerin des Stahlberges

1931

Der Betrieb wurde am 31. März eingestellt

1972

Abbruch des Maschinenhauses am Schacht II

 

Tabelle 4: Gründung der Gewerkschaft Stahlberg

1611 arbeiteten 11 kleine Gruben am Stahlberger Stock, die sich 1631 zu einer Gewerkschaft zusammenschlossen und so die Grube Stahlberg gründeten: Alter Hermannberg, Neuer Hermannberg, Luft- oder Zechengrube, Hollwegerschacht, Holzgrubenschacht, Wasserberg, Hartenberg, Hollöler, Neuezeche, Sürkesberg und Hochgrube

Technische, betriebliche und finanzielle Gemeinschaftsvorhaben für mehrere Gruben wurden erstmais möglich und verbesserten die soziale Situation der Berg- und Hüttenleute. So heißt es in der Bergordnung: “Es soll denjenigen, so sich der Bergwerck halber unter Uns zu wohnen begehren, aller (Militär-)Dienst, Frohn oder Schatzungen (Steuern), so lang das Bergwerck währet, gänzlich gefreyetsein." Das führende sächsische und Harzer Bergrecht war Vorbild für die Nassauische Bergordnung. Sie galt bis zum Inkrafttreten des Preussischen Berggesetzes von 1865.

In Müsen, so die Literatur, hat sie zunächst wenig bewirkt. Es wurde immer noch eine allgemeine Unordnung bemängelt. 1585 stellt der hessische Berghauptmann Gabriel Phillips eine mangelhafte Disziplin der Bergleute fest und fordert eine straffere Betriebsführung. Erst ais Graf Johann von Nassau 1609 eine besondere Ordnung für den Stahlberg erließ, auf die jeder Bergmann vereidigt wurde, besserten sich die Verhältnisse auch in Müsen.

1611 entstand das vermutlich erste Gemeinschaftswerk der Bergbautreibenden, die sich dann 1631 zu einer Interessengemeinschaft, einer ”Gewerkschaft” zusammenschlossen: 11 Gruben arbeiteten aut dem Stahlberger Stock und begannen gemeinsam mit dem Bau des Molzekuhler Stollens, urn die Wasserableitung (“Lösung") und Belüftung (“Bewetterung") zu verbessern. Bis 1648 wurde die Gewerkschaft mehrfach durch landesherriichen Edikt bestätigt. Die Freiherren von (Burg-)Holdinghausen hielten bedeutende Anteile daran. Die Grube Stahlberg wurde für fast 300 Jahre eines der bekanntesten Eisenbergwerke Mitteleuropas. Sechs “Stahlhütten" wurden mit der Zeit Eigentümer der Grube. Sie hatten das alleinige Recht, aus Stahlberger Spateisenstein den berühmten Siegerländer Qualitätsstahl zu erschmelzen. Der Wert der Grube war auf 312 gleiche Anteile, so genannte Kuxe, aufgeteilt. Besitzer der 312 Kuxe waren die Stahlhütte von Lohe (55 Kuxe), die Obere Müsener Hütte (47), die Untere Müsener Hütte (49), die Dahlbrucher Hütte (55), die Allenbacher Hütte (54) und die Burgholdinghauser Hütte (52). Das bedeutete, dass derjenige, der Mitinhaber am Stahlberg werden wollte, Hüttenkuxe erwerben musste. Der Hüttenbesitz selbst war zum Teil in kleinste Anteile der Gewerken und ihrer Erben zersplittert.

Tabelle 5: Auszug aus dem Kuxenverzeichnis
des Stahlbergs von 1853

Durch die im Siegerland übliche Realteilung wurden selbst kleinste Anteile immer weiter zersplittert. So kam es durch den Kuxenhandel, wie z.B. bei J.H. Wurmbach, zu einem Besitz, der sich nur noch in milliardstel Anteilen ausdrücken ließ

Wilhelm Jüngst Kirchberg Sachsen

0 ganze Kuxen und 199/1.600stel

Johanna Münker geb. Siebel zu Eichen

0 ganze Kuxen und 1.703/1.920stel

Fr. Vorländer Oberförster, Allenbach 6

3 ganze Kuxen und 794/20.160stel

Eberhard Loos Hilchenbach

1 ganze Kuxen und 1.640.752/2.943.360stel

J.H. Wurmbach Winterbach bei Müsen

2 ganze Kuxen und 788.509.434/2.101.559.040stel

Es wurde nur so viel Eisenerz gefördert, dass die sechs Stahlhütten das gelieferte Erz in genau 312 Tagen verarbeiten konnten. Jedes der Kuxe entsprach also dem Wert eines Hüttentages. Erzüberschüsse, die verkäuflich gewesen wären, gab es somit nicht. Aut der anderen Sette durften die Hütten, wenn sie durch Stahlberger Erz ausgelastet waren, kein fremdes Erz zukaufen. Stahlberger Erz durfte niemals mit fremdem Erz vermischt oder gemeinsam mit zugekauftem Erz erschmolzen werden. Damit sollte eine Degeneration vermieden werden. Die Siegener Bergordnung vom 1. Mai 1592 beschrieb genau den Aufteilungsvorgang: das geförderte Erz wurde aut dem Grubenplatz aut so viele Haufen geschüttet, wie es Anteile gab. Die aufgeteilte Fördermenge wurde dann unter den Gewerken verlost und - wie es auch in den Haubergen üblich war - mit in Holz eingekerbten Zeichen (“Kerbhölzer") gekennzeichnet. Zudem gab es einen “Zehnthaufen", dessen Erlös dem Landesherrn zuviel. Einen weiteren Haufen  gab es noch, urn die Kosten zu decken. Unterschlagungen sollten vermieden  werden, in dem die Wagen, die das erzhartige Gestein zu den Pochwerken und  Hütten transportierten, gesondert gekennzeichnet wurden. Transporte in der  Nacht waren verboten.

Zum Ende des 18. Jahrhunderts erlangte der Stahlberg seine größte Bedeutung. Nach Mathias Döring schrieb Oberbergrat Phillip Becher 1789: “Er ist es und wird immer der merkwürdigste, der reichste Berg in Nassau bleiben." Etwa 1780 wurde entdeckt, dass sich der Stahlberger Stock unterhalb des Tiefen Müsener Stollens fortsetzte. Urn diese Tiefe zu erreichen, musste ein neuer Wasserlösungsstollen, der Tiefe Martinshardter Revierstollen gebaut werden. Später hieß dieser Stollen Kronprinz-Friedrich-WilheIm-Erbstollen. Phillip Becher glaubte 1826 beim Beginn des Baus, dass der Stahlberg mit dem neuen Stollen “für die Ewigkeit vorgerichtet" sei. 1875 erreichte der Stollen den Stahlberger Schacht, 61 m unter dem Stahlberger Erbstollen.

Bis etwa 1870 stand der Abbau am Stahlberger Stock zwar noch in voller Blüte, aber seit 1850 gab es Anzeichen dafür, dass der Erzvorrat zu Ende gehen würde. Zunächst schloss man davor die Augen, so dass eine Suche nach weiteren Erzvorkommen

Karte 5: Vereinfachter Schnitt von der Grube Stahlberg 1931 - In den ersten 550 Jahren ging der Abbau ausschließlich oberhalb des Tiefen Müsener Stollens, also höchstens bis in 120 m Tiefe. In den folgenden 70 Jahren drang man weitere 500 m tief vor

unterblieb. 1878, wenige Jahre nach dem Durchschlag des Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollens, konnte man nicht länger darüber hinwegsehen: nach 600 Jahren war der Erzvorrat im Stahlberger Stock erschöpft. Mit großem Aufwand versuchte man, neue Vorkommen zu finden. Während der Zeit der Suche deckte man die Kosten mit der Metallförderung aus der Schwabengrube, einer der wichtigsten Nebengruben des Stahlbergs, in der es mehrere reiche Vorkommen an Blei-, Kupfer- und Fahlerz gab. Erst nach etwa 30 Jahren (1906) zeichnete sich ein Lichtblick ab: Der “Neue Stahlberg”, ein großes Spateisensteinlager, wurde auf der 304-m-Sohle entdeckt. Dazu später mehr auf dieser Seite.

Die Kölner Kaufleute Malinckroth und von Mevissen gründeten 1856 mit den Gewerken der Stahlhütten von Musen, Dahlbruch und Allenbach den Cöln-Müsener-Bergwerks-Actien-Verein und kauften im gleichen Jahr für 1.500.000 Taler den Anteil der Loher Hütte. Das war im Siegerland die erste Umwandlung eines gewerkschaftlichen Besitzes in eine Aktiengesellschaft. Nach dem Bau der Kreuztaler Hütte im Jahr 1874, die nun das Stahlberger Erz verarbeitete, mussten fünf der sechs alten Hütten nach und nach ihren Betrieb aufgeben. Mit der Burgholdinghauser Hütte blieb nur ein Sechstel des Stahlberges blieben vorerst im Besitz des Freiherrn von Fürstenberg-Herdringen. 1916 kaufte die Charlottenhütte in Niederscheiden beide, den Bergwerksverein und die Burgholdinghauser Hütte. Die Bedeutung, die das Bergwerk bis 1875 hatte, konnte es jedoch nie wieder erreichen. Die großen Gruben des mittleren und südlichen Siegerlandes (gemeint sind die Neue Hardt in Weidenau, Storch & Schöneberg in Gosenbach und Eisenzecher Zug in Eisern. Diese gewannen beispielsweise um 1920 mit bis zu 20.000 Tonnen die fünffache Erzmenge des Stahlbergs, wo nur 4.000 Tonnen gefördert wurden. Aus dem Stahlberg wurden 1885 nur noch 1.476 Tonnen Eisen-, 744 Tonnen Blei-, 40 Tonnen Kupfer- und 4.274 Zinkerze gefördert. Storch & Schöneberg kam im gleichen Jahr allein auf 126.000 Tonnen Eisenerz), die günstigere Abbaubedingungen hatten, liefen dem Stahlberg den Rang ab. 1931 folgte dann, bedingt auch durch die allgemein schlechte Wirtschaftslage, die Schließung des Stahlberges. In seiner mehr als 600-jährigen Geschichte wurden vermutlich fast zwei Millionen Tonnen Eisenerz in dem Bergwerk abgebaut.

Der Stahlberg, das Aushängeschild im Müsener Revier
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts galt der Müsener Bergbau insgesamt, vor allem aber der Stahlberg als „Vorzeigebergbau". Zahlreiche Besichtigungen erforderten besondere Sicherheitsvorkehrungen, Unfälle waren selten. Der Stahlberg eignete sich sehr gut für diesen Zweck, da die Besucher im Gegensatz zu anderen Gruben ohne Leitern zu benutzen vom Erbstollen (10. Etage von oben) über Treppen bis zur 5. Etage hoch steigen und etwa in halber Höhe des Bergwerks durch den Molzekuhler Stollen wieder ausfahren konnte.

Bild 6 - Der Eintrag vom 2. September 1819 im Gästebuch des Stahlberges zeigt, dass prominente Besucher zu Gast waren (von oben nach unten): Wilhelm Hohenzollern, der spätere König von Preußen und deutsche Kaiser Wilhelm I., v. Vincke Oberpräsident, Prittwitz Major, E. Graf von Westphalen, Schlieffen, Hauptmann und Adjutant Sr. Knkl. Hoheit und andere

Am 16. September 1794 besuchte der spätere König Wilhelm l. der Niederlande (1815-1843) den Stahlberg. Am 2. September 1802 war Fürst Wilhelm V. zu Nassau (1748-1806) mit seiner ganzen Familie zu Gast. Am 2. September 1819 (siehe den Gästebucheintrag in Bild 6) besuchte Wilhelm l., der spätere König von Preußen (1861—1888) und Deutscher Kaiser (1871-1888) den Stahlberg und am 16. Oktober 1833 war der spätere preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861), damals Kronprinz, in Müsen zu Besuch.

Damit die königlichen Gäste einen bequemen Zugang zur Grube Stahlberg vorfanden, wurde eigens das erste Lichtloch des Stahlberger Erbstollens direkt an der Müsener Dorfstraße zu einem zweiten Eingang umgebaut (siehe Abbildung 7). Das „Fürstenportal" ermöglicht einen Zugang über eine nach unten führende Treppe. Das Portal liegt noch heute gut sichtbar an der heutigen Müsener Hauptstraße und die Treppenanlage ist beim Besuch des heutigen Museumsbergwerks zu besichtigen, wenn man ein Stück in den Tiefen Müsener Stollen, der auch Stahlberger Erbstollen genannt wird, hineingeht.

Es gibt Vermutungen, dass der Stahlberg auch deshalb besonders gern von Politikern besucht wurde, weil das Essen, das nach der Ausfahrt unter einer großen Birke neben dem Stollenmundloch serviert wurde, sehr gut gewesen sein

Bild 7 - Das “Fürstenportal” des Stahlberger Erbstollens wurde 1789 anläßlich des Besuchs des späteren Königs Wilhelm I. und Deutscher Kaiser an der Müsener Dorfstraße, die heute “Hauptstraße” heißt. Das Portal ist heute noch vorhanden

muss. Für den Medizinalrat Dr. Wendelstadt, der 1816 die Grube besichtigte, war das wohl die Hauptattraktion: „Wir kamen wohlbehalten auf der Oberwelt wieder an und setzten uns beim Bergmeister zu einem Schmaus nieder, der mir sowie überhaupt die anerkannte Gastfreundlichkeit der Siegener lange eingedenk bleiben wird."

Bergbau im alten Stahlberg bis 1777

Informationen über den frühesten Bergbau auf der Martinshardt sind heute nicht mehr vorhanden. Grabungen oder Funde fehlen, weil der spätere Bergbau alle Spuren vernichtet hat. Indirekt konnten aber eisenzeitliche Schlacken sowie prähistorische Schmelzöfen im Rothenbachtal bei Musen, am Altenberg und im Zitzenbachtal bei Ferndorf nachgewiesen werden. Mit den Stahlberger Klippen sind die originalen Reste einer Schürftätigkeit auf dem Ausbiss des Stahlberger Stockes sichtbar. Hier dürfte Bergbau in Schürfgruben, flachen Schächten und kurzen Stollen bestanden haben.

Der vermehrte Abbau auf dem nur 50 x 150 Meter großen Ausbiss dürfte dazu geführt haben, dass sich die Bergleute gegenseitig behinderten. Das Ausschöpfen des Regen- und Sickerwassers wurde

Bild 8 - Der Zugang zum Tiefen Müsener Stollen, auch Stahlberger Erbstollen genannt (Mundloch), ist noch heute begehbar und bildet den Zugang zum Museumsbergwerk

immer schwieriger und dauerte immer länger. „Wasserknechte", die auf Leitern standen, reichten sich lederne Eimer zu. Der Bergbau musste während dieser Zeit ruhen. Andere Möglichkeiten der Wasserableitung waren dringend notwendig.

Der damals vielleicht unterste Stollen der kleinen Grube Kniggelweg wurde möglicherweise mit den anderen Schächten verbunden, damit das Wasser von selbst abfließen konnte. Der Stollen wurde verlängert und trat nicht weit vom Stahlberger Pulverhäuschen zu Tage. Nahe diesem Mundloch begann Ende des 18. Jahrhunderts eine Treppe, die über 100 m tief zum Stahlberger Erbstollen hinabführte. In einer alten Karte der Stahlberger Gruben ist zwischen dem Kniggelweger und Molzekuhler Stollen noch ein noch ein weiteres Mundloch    („Alter Stollen") eingezeichnet.   Das könnte der Wasserlösungsstollen gewesen sein. Den Aufwand,   einen solchen Stollen zu bauen, kann sich heute wohl keiner mehr vorstellen. Da es noch keinen Sprengstoff gab, wurden Stollen gebaut, die nur 60 breit und nur 120 cm hoch waren. Es konnte nur ein Bergmann in ihnen arbeiten. Oft schafften die Bergleute nur 2 cm Vortrieb am Tag. 16 Jahre vergingen, bis die 120 m bis zum Stahlberger Stock geschafft waren. Pumpensysteme, die im Harz und im Erzgebirge schon im Einsatz waren, konnten mangeis Wasser hoch am Hang der Martinshardt nicht eingesetzt werden. Ein noch tieferer und natürlich auch längerer Wasserlösungsstollen musste gebaut werden. Der im April 1611 begonnene Molzekuhler Stollen, der die für damalige Zeiten enormen Maße von 2,1 m Höhe und 1,6 m Breite hatte, erreichte am 2. März 1635 nach 590 Metern die kleine Stahlberger Grube Hermannsberg und kostete die enorme Summe von 28.000 Gulden, was viele Gewerken in große Armut stieß. Auch durch diesen Stollen wurde nicht gefördert. Die kleineren Gruben hatten eine Haspelförderung. Eine große Schwierigkeit war es, im Stahlberger Stock möglichst viel von der 20 bis 30 Meter breiten Erzmasse abzubauen, ohne dass das Bergwerk einstürzte. Dazu trieb man in dem Stock in mehreren übereinander gelegenen Etagen in Längs- und Querrichtung 6 bis 7 Meter hohe und ebenso breite Gänge vor, die ein dichtes Netz von tunnelförmigen Hohlräumen mit

Bild 9 - Die Einfahrt der Bergleute am Förderseil (“Seilfahrt”), hier im Salzbergwerk Wieliczka/Polen, war bis ins 19. Jahrhundert weit verbreitet

Kreuzgewölben bildeten. Dazwischen blieben mächtige Pfeiler und zwischen den Etagen 2 bis 3 Meter dicke Zwischendecken („Schweben" ) aus Spateisenstein stehen. Um den Gebirgsdruck ohne Belastung dieser Schweben nach unten weiter zu geben, hätten die Pfeiler genau übereinander stehen müssen. Da man das in den oberen drei Ebenen noch nicht erkannt hatte, stürzte 1744 der gesamte obere Stahlberg ein, so dass größere Teile der Grube längere Zeit still gelegt werden mussten. Ab der vierten Etage beachtete man jedoch die Gesetze der Statik und konnte so auf diese Weise bis zum Tiefen Müsener Stollen (140 m unter der Erdoberfläche) das Erz bis zur 10. Etage abbauen.

Die Pfeiler und Schweben, die stehen blieben, wurden später im „Bruchbau" abgebaut. In der jeweils tieferen Etage beginnend, schwächte man nach und nach die darüber liegenden Zwischendecken und Pfeiler, bis sie von selbst einstürzten. Die Arbeit war sehr gefährlich, da es immer wieder zu ungeplanten Nachbrüchen kam. Das Erz musste dann aus der Schuttmasse herausgelesen werden. Um die Bergleute hier nicht zu Leichtsinn zu verführen, wurde an solchen Stellen nicht, wie im Bergbau üblich, im Akkord bzw. Gedinge, d.h. nach gewonnener Erzmenge entlohnt, sondern es wurde im Stundenlohn gearbeitet. Der Bruchbau wurde nur in den obersten Etagen des Stahlberges, ungefähr bis in die Höhe des Molzekuhler Stollens angewendet. Da die Hohlräume nicht vollständig mit Schutt gefüllt werden konnten, entstand über dem Stahlberger Stock ein gewaltiger Einsturztrichter, der später mit Abraum aus der Grube Wildermann aufgefüllt wurde. Das Abbauverfahren im Bruchbau war weit verbreitet.

Wasser- und Förderkünste und Tiefer Müsener Stollen

Als zweiter größerer Schacht nach der Schichtgrube wurde der spätere „Obere Treibschachf, der „St.-Friedrich-Schacht" abgeteuft. Auch hier arbeitete man zunächst mit der Haspelförderung. Um diese Knochenarbeit abzulösen wurde der Obere Treibschacht 1755 mit einer wassergetriebenen Fördermaschine (Förderkunst') ausgerüstet, die Johann Heinrich Jung aus Grund (ein Onkel von Johann Heinrich Jung, genannt Stilling) konstruiert hatte. Anders als im Harz und im Erzgebirge stand hier nur sehr wenig Wasser aus dem

Bild 10 - So etwa muss man sich den alten Stahlberger Bergbau vorstellen - Gut zu sehen die Haspelförderung

Zufluss aus dem Wildemänner Erbstollen und der nahe gelegenen Holzbornquelle zur Verfügung. Jung verwendete daher kein „Kehrrad" sondern ein einseitig drehendes, 12,5 m großes, oberschlächtiges Wasserrad, das ein Wendegetriebe und eine große Übersetzung hatte. Bei schneller Drehung konnten so sehr schwere Förderkübel (120 Liter bzw. 350 kg) langsam gehoben bzw. gesenkt werden. Jung-Stilling hat übrigens 1777 die neue „Förderkunst" seines Onkels beschrieben . Vor der Mitte des 18. Jahrhunderts war bereits erkennbar, dass der Stahlberger Stock oberhalb des Molzekuhler Stollens in wenigen Jahren abgebaut und ein noch tieferer Entwässerungsstollen notwendig sein würde. Am tiefsten Punkt der Umgebung, an der Talsohle in Musen, begann man 1740, den „Tiefen Müsener Stollen", auch „Stahlberger Erbstollen" genannt, zu bauen. Er war bis 1875 für 95 Jahre der tiefste Stollen des Stahlberges (siehe das Bild vom Mundloch und vom „Fürstenportal" weiter oben). 40 Jahre später, am 5. Juni 1780, erreichte der Vortrieb nach 1144 Metern den Stahlberger Stock. Der Preisanstieg (heute würde man sagen, der Kurs) der Kuxen, verriet den Wert des Stollens: vor dem Durchschlag wurden sie mit 400 Taiem gehandelt, danach stieg ihr Wert auf 1.000 Taler. Mit ihren 312 Kuxen verzeichnete die Grube also in wenigen Jahren einen Wertzuwachs von 250 Prozent. Der mit Holz ausgebaute Stollen hatte zunächst kleine Abmessungen, da er nur Wasser ableitete. Als dann die Wasserradantriebe des Oberen und Unteren Treibschachtes nicht mehr ausreichten, wurde er von 1825 bis 1833 auf 2,5 m2 vergrößert und ausgemauert. Ab 1840 wurde er dann auch zur Förderung genutzt. Während des Baus des Tiefen Müsener Stollens wurde der Obere Treibschacht bis zur 8.

Bild 11 - Die Pumpenkunst auf dem Molzekuhler Steuer.. Neben dem Hsuptschacht (1) wurde zugleich ein Hilfeschacht (2) abgeteuft, in dem die übereinander stehenden Pumpen arbeiten. Die drehende Bewegung des Kunstrades (4) wurde in eine

hin- und her gehende des „Kunstgestänges" (5) umgewandelt. Kunstwinkel (6) trieben die senkrechten Pumpengestänge (7) und Pumpen, die, um eine Unwucht der Konstruktion zu vermeiden, immer paarweise angeordnet und mit fortschreitender Schachttiefe verlängert wurden. 8 = Zufluss von der Jung'schen Förderkunst, 9 = Wasserspeicher, 10 = Molzekuhier Sioiien. Der Abstand zwischen Hilfs- und Hauptschacht beträgt in der Realität etwa 100 Meter, vom Rad zum Hitfsschacht etwa 30 Meter, ist also nicht maßstabsgerecht gezeichnet. Kleines Bild: hölzerne Saug- und Druckpumpe (Versuch einer Rekonstruktion)

Etage, 40 Meter unter den Molzekuhler Stollen, vertieft und für die Förderung erweitert. Das Erz musste jetzt zwar nur noch bis zur Höhe des Molzekuhler Stollens gehoben werden, doch traten durch heftige Wasserzuläufe ständige Störungen durch Überlastung der Pumpen auf. Johann Heinrich Jung konstruierte daher zusätzlich zur beschriebenen „Förderkunst” eine technisch viel beachtete „Pumpenkunst" im Molzekuhler Stollen 70 Meter   unter  der  Erdoberfläche. Auch sie wurde von einem oberschlächtigen Wasserrad von 12,5 Metern Durchmesser  angetrieben  („Kunstrad").  Zum Antrieb  der   Pumpenkunst  wurde  das  Abfallwasser der  Förderkunst verwendet.  Weil die  Pumpen aber anders als die Förderung 24 Stunden am Tag laufen mussten, reichte dieses nicht aus. Jung ließ daher den 1,5 km langen Oberen Stahlberger Graben nach dem Tiefen Tal bauen, der die Zuflüsse aus den dortigen Stollen und vor allem aus der wasserreichen Heinrichsqueile (heute   ein Sumpfgebiet) sammelte, zum Mundloch des Kniggelweger Stollens und durch diesen zum Schacht leitete. Auf der 4. Etage, oberhalb des Kunstrades, war ein unterirdischer Wasserspeicher. Das Wasser gelangte durch ein Rohr zum Rad, trieb es an und floss mit dem abgepumpten Wasser aus dem Bergwerk durch den Molzekuhler Stollen zurück zur Erdoberfläche.

Die Pumpenkunst war 17 Jahre ununterbrochen im Einsatz und konnte die Baustelle des Oberen Treibschachtes bis zum Durchschlag auf den Tiefen Müsener Stollen am 5. Juni 1780 trocken halten. Kurze Zeit später sind die überflüssig gewordenen Pumpen offensichtlich abgebaut worden. In der Literatur ist 1816 eine „Wettermaschine" (Belüftungsanlage) erwähnt, die inzwischen durch das Jung'sche Wasserrad angetrieben wurde.

Unterhalb des Molzekuhler Stollens wurde der Abbau von Erz bis zum Niveau des Tiefen Müsener Stollens in weiteren fünf Etagen weitergeführt. Die Systematik war aber nun ausgereifter und der einfache „Bruchbau" wurde zum „Teilsohlenbruchbau" weiterentwickelt, der weniger gefährlich war und geringere Erzverluste erbrachte. Die 10. Etage, in Höhe des Tiefen Müsener Stollens, wurde größtenteils als Reserve und zum Schutz für die tieferen Abbaue stehen gelassen. Durch Rollen (Sturzlöcher) fiel das Erz bis auf dieses Niveau, auf dem es mit Wagen („Hunden") ans Tageslicht gefördert wurde. Die Schwierigkeiten, Kosten und Erzverluste, die sich beim Bruchbau ergaben, sollten unterhalb der Tiefen Stollensohle abgestellt werden. Der Firstenbau, bei dem das Erz in Stufen von unten nach oben, also von der tieferen zu nächst höheren Strecke abgebaut wurde, setzte sich schließlich durch.

Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stand zur Förderung des Erzes neben dem Oberen- auch der Untere Treibschacht zur Verfügung, der als dritter Stahlberger Schacht zwischen dem Stahlberger Stock und der Schwabengrube lag und durch den vorwiegend deren Metallerze gefördert wurden. Für den Antrieb seiner „Förderkunst", die vermutlich der am oberen Treibschacht glich und auch von J.H. Jung entworfen und um 1776/1777 eingebaut wurde, nutzte man den Zufluss aus dem Oberen Stahlberger Graben. 1827 wurde die Förderkunst vermutlich durch eine andere Konstruktion und diese dann wiederum 1858 durch eine Dampfmaschine ersetzt.

Der Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollen

Der Beginn der Industrialisierung und der beginnende Bau von Eisenbahnstrecken ließen den Eisenbedarf sprunghaft ansteigen. Die Grube dehnte sich schnell in die Tiefe aus und von Ernsdorf (heute Kreuztal) aus wurde ein neuer Entwässerungsstollen, der Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollen, in Angriff genommen, der auf 277 Meter über NN lag und ohne jedes Gefalle gebaut werden sollte. Alternativen vom Aher Hammer (289 Meter über NN) und von der Ortsmitte Ferndorfs aus (284 Meter über NN) wurden verworfen, da man, obwohl die Strecke 400 m länger war, so am Stahlberg 12m zusätzliche Tiefe gewann. Der Bau sollte 86 Jahre dauern (Fertigstellung also 1912), die Kosten 125.000 Taler betragen. Ob die Kostenschätzung richtig war, ist nicht mehr zu ermitteln, aber die Bauzeit konnte auf nur 49 Jahre verkürzt werden. Angeschlossen

Bild 12 - Querschnitt des Kronprinz-Friedrich- Wilhelm-Erbstollens. In der “Rösche" unter dem Gehweg fließt das Sümpfungswasser des Stahlbergs

wurde der Stahlberg, der Wildemann (mit den Gruben in Ferndorf) und nach 1900 die Grube Altenberg und Silberart. Bis 1856 finanzierte der Preußische Staat den Stollenbau, danach der Cöln-Müsener Bergwerks-Actienverein. Im Durchschnitt arbeiteten 10 Mann Tag und Nacht an dem Bau, der von vier Stellen aus erfolgte: ab 1826 vom Mundloch in Kreuzte! aus (heute noch von der Bundesstraße aus neben dem Busbahnhof sichtbar vorhanden), ab 1870 vom Stahlberger Maschinenschacht und mit zwei Vortriebsrichtungen von einem Hilfsgesenk aus. Gegenüber dem Mundloch in Kreuztal wurde das heute noch vorhandene Stollenhaus gebaut, in dem sich der Arbeitsraum des Steigers, das Materiallager und ein Versammlungsraum der Stollenmannschaft befand. Für die Belüftung des Stollens sorgten zwei 74 und 78 m tiefe „Lichtlöcher” (senkrechte Schächte). Ein weiteres, 140 m tiefes Lichtloch konnte eingespart werden, nachdem eine künstliche Bewetterung in die Rösche des Stollens eingebaut worden war. Der Fortschritt im Stollen wurde auf so genannten Lachtertafeln" (Bild 11) festgehalten. Der Vortrieb betrug im Mittel 75 m pro Jahr oder 25 cm pro Tag (zum Vergleich: mit Stollenvortriebsmaschinen oder mit moderner Bohr- und Schießtechnik erreichte man 1999, als das Werk “Eisen und Silber - Wasser und Wald” von Mathias Döring veröffentlicht wurde, mehr

Bild 13 - Lachtertafel im Museum am Eingang des Tiefen Musener Stollens. Sie befand sich an der Stelle, bis zu der man im Jahr 1834 gekommen war. Die obere Zeile zeigt die Entfernung zum Mundloch, die mittlere das Jahr, an dem die Tafel angebracht wurde und die untere Zahl zeigt den Stollenvortrieb im Jahr 1834 (104,615 Meter)

als die 100-fache Vortriebsleistung).

Der erste Durchschlag erfolgte nach 49 Jahren Bauzeit am 18. März 1875 mehr als 340 m unter dem Gipfel der Martinshardt. Die Sohle des vom Stahlberger Schachtes her getriebenen Stollens lag nur 18 cm höher als die des von Kreuztal her vorgetriebenen Stollens. Die Seitenabweichung, die vermutlich auf eine Änderung der Kompassmissweisung während der langen Bauzeit zurückzuführen war, betrug allerdings 16 m, so dass in die Stollentrasse zwei Kurven eingebaut werden mussten. Der zweite Durchschlag am 8. Juni des gleichen Jahres erfolgte ohne Abweichung in Höhe und Richtung. Damit bestand über dem Stahlberger Erbstollen eine 5.145 m lange Verbindung von Kreuztal nach Müsen, die im Endausbau fast 8 km Länge erreichte, da sie dann bis zu den Gruben Altenberg und Silberart führte. Neben der

Bild 14 - Tafel im Tiefen Müsener Stoiien, die heute an die Nutzung während des Zweiten Weltkrieges erinnert

Entwässerung diente der Stollen den Kreuztaler Bergleuten als Weg zu ihrer Arbeitsstelle am Stahlberg. In der Anfangszeit um 1876 wurde mit Pferdewagen gefördert. Sie brachten die Erze der Grube Wilhelm zur Kreuztaler Hütte. Der Querschnitt des Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollens unterscheidet sich von vielen anderen Stollen, da sich die Rösche als gemauertes Gewölbe unter dem begehbaren Teil des Stollens befand. Die geringe gelöste Wassermenge machte dieses möglich (zum Vergleich: die großen, über 50 km langen Lösungsstollen im Erzgebirge oder im Harz, die ein Vielfaches an Wasser zu bewältigen müssen, waren nur mit Booten befahrbar. Der Ernst-August-Stollen bei Clausthal-Zellerfeld im Harz hatte z.B. auf 6,5 km Länge einen so großen Querschnitt, dass bis 1905 sogar Erz auf Lastkähnen zu einem zentralen Förderschacht transportiert werden konnte). Im Zweiten Weltkrieg wurde der Stollen, der mit nur 12 Metern Überdeckung die heutige Ernsdorfstraße in Kreuztal unterquert, ebenso als Luftschutzbunker genutzt wie der Tiefe Müsener Stollen in Musen. Hier ist der Stollen 1943 zum Teil für diesen Zweck geweitet worden (Bild 12).

Der Niedergang des Bergwerks Stahlberg (1875 -1906)

Als 1858 eine leistungsfähige Dampfmaschine die alte Wasserkunst des Unteren Treibschachtes, der jetzt Stahlberger Schacht genannt wurde, abgelöst hatte, konnte unter das Niveau des Tiefen Stollens weiter geteuft werden. Der Stock endete jedoch unterhalb der 144-Meter -Sohle, 60 Meter unter dem Müsener Stollen, ziemlich abrupt. Hoffnungen auf einen weiteren großen Erzreichtum zerschlugen sich. Fortsetzungshoffnungen in der näheren Umgebung, die auf ein auf gleicher Sohle befindliches 25 m langes und 4 m dickes Spateisensteinvorkommen beruhten zerschlugen sich allerdings. Eine Fortsetzung des Stockes war nicht zu finden, auch wenn man auf der 230-m-Sohle noch kleinere Erzgänge fand.

Trotzdem wurde der Stahlberger Schacht weiter vertieft und man erreichte 1878 die 304-m-Sohle. Ohne Erfolg. So musste man erkennen, dass die bedeutendste Eisenlagerstätte des Müsener Reviers erschöpft war. Die teure Wasserhaltung unterhalb der 144-m-Sohle konnte nicht länger aufrechterhalten werden. Der Tiefbau “soff” von 1879 bis 1897 ab. Im Etagenbau des Stockes wurden noch die noch vorhandenen Pfeiler und Schweben abgebaut. Um 1900 musste die Eisenerzförderung fast ganz eingestellt werden. Der Wert der Nebengruben wie der St.-Friedrich- und insbesondere der Schwabengrube, deren Metallförderung von zeitweise über 5.000 Tonnen pro Jahr von keiner anderen Siegerländer Grube erreicht wurde, war jetzt erkennbar. Der Nichteisenmetallbergbau deckte jahrzehntelang die Verluste im Eisenbergbau.

Wie schon dargestellt, hatte man frühzeitige Erkundungen nach neuen Lagern versäumt und der Stahlberg hielt sich nur mühsam über Wasser. Als Folge jahrzehntelanger Stagnation war die technische Entwicklung der Grube hinter der anderer Siegerländer Gruben zurückgeblieben. 1900 hatte der Stahlberg seine frühere Vorrangstellung im Siegerland verloren.

In langen Flügenörtem sollten neue Erzlager gefunden werden. Das westlichste erreichte um 1910 die Grube Silberart, das nördlichste endete mit mehreren Verzweigungen kurz vor dem Altenberg. Über Gesenke der Gruben Tiefenthal und Birkhahn bestand nach 1900 gar eine Verbindung zur 54-m-Sohle des Schachtes Wilde Frau. Der war wiederum an die Grube Altenberg und Silberart angeschlossen.

1908 entdeckte man auf der 120-m-Sohle des Altenbergs, die an den Stahlberg verpachtet war, einen 16 Meter starken Bleierzgang. Von der 144-Meter-Sohle des Stahlberges, die sich auf dem Niveau des Kronprinz-Friedrich-Wilhelm-Erbstollens befand, wurde darauf hin zur Verbesserung der Förderung und zur Bewetterung ein 1.100 m langer Flügelort vorgetrieben und mit der 120-m-Sohle verbunden. Der Gang erwies sich aber nach kurzer Zeit als wenig ergiebig.

Als Rettungsmaßnahme versuchte der Stahlberg dann, Abbaurechte in den Grubenfeldern des Wildenmannes unterhalb der Stahlberger Erbstollensohle zu bekommen. Es gab mehrjährige Streitigkeiten und zähe Verhandlungen darüber, bevor man sich weiter ausdehnen konnte. Die Wildemänner Gänge waren für den Stahlberg von existenzieller Bedeutung, lagen doch die Vorräte zum Teil über der Erbstollensohle, während man in der Schwabengrube lohnende Vorräte nur im teuren und aufwändigen Tiefbau erreichen konnte. Weitere vom Wildenmann nur schwer zugänglichen Blei- und Zinkerze wurden 1880 bis 1907 mit zwei Schächten erschlossen. Der Streit zwischen den beiden Gruben bestand jedoch weiter und bis zur Stilliegung des Wildenmannes im Jahr 1911 gab es ständig neue Prozesse um die Kosten für Wasserlösung, Bewetterung (Belüftung) und Abbaurechten.

Neuer Aufschwung im Tiefbau (1906 -1931)

Im Jahr 1897 setzte man auf Anraten des Geheimen Bergrats Dr. Bernhardt und des Königlichen Geologen Dr. Denkmann die Suche nach neuen Erzlagerstätten fort, nachdem man den Schacht bis zur 304-m-Sohle leer gepumpt hatte. Diesmal ging die Suche in die nördliche Richtung und war im Jahr 1906 endlich erfolgreich. Wie bereits erwähnt, fand man auf der 304-m-Sohle den „Neuen Stahlberg" mit mehr als 800.000 Tonnen Spateisenstein. Unterhalb dieser Sohle fand man darüber hinaus noch eine viel versprechende Fortsetzung des Carolinenganges der Schwabengrube. Die Förderung stieg sehr schnell in die Höhe und der Stahlberg war vorläufig der Existenzsorgen enthoben. Während in den Jahren 1888 bis 1905

Bild 15 - Schachtteufen und Verbindungsstrecken der Bergwerke im Müsener Revier in ihrem Endzustand - TS = Tiefer Stollen, 63mS = 63 m Sohle, BS = Blindschacht

kaum mehr als 1.000 Tonnen Eisenerz pro Jahr gefördert wurden, stieg die Zahl von 1907 bis1929 auf jährlich bis zu 47.000 Tonnen. Im Ersten Weltkrieg wurde noch ein weiterer Tagesschacht, der Schacht II, angeschlagen. Er setzte auf den zwischen der 144- und der 304-m-Sohle bereits vorhandenen Blindschacht II der Schwabengrube auf, nahm 1918 bis zur 344-m-Sohle den Betrieb auf und erreichte 1930 die 660-m-Sohle. Damit war man bei 243,7 m unter NN angelangt und der Schacht II war der tiefste des Müsener Reviers (siehe auch die Abbildung auf Seite 14). 1920 hatte der Stahlberg 340 Beschäftigte und die Zukunft schien gesichert.

Es reichte aber nicht mehr für einen langfristigen Erfolg. Der Stahlberg hatte zwar eine neue Schachtanlage, eine elektrische Förderung, fünf moderne Röstöfen und war damit auf dem neuesten Stand der Technik, da auch die neuen Erzlager 1930 erschöpft waren. Verbindungen zur Silberart, zum Altenberg, in Richtung Wilde Frau und Erkundungsstrecken von der 304- und 344-m-Sohle bis ins Gebiet der Martinshütte bei Femdorf brachten nicht den gewünschten Erfolg, so dass am 31. März 1931 das Ende der Grube gekommen war. 1938 wurden Schachtgebäude und der Förderturm abgerissen. Im Jahr 1972 mussten alle übrigen Gebäude abgerissen werden, da sie dem Bau eines Feriendorfes weichen mussten.

 

Begriffsbestimmungen

Abstich
Öffnen des Hochofens, um das flüssige Roheisen in vorbereitete Sandformen fließen zu lassen

anschlagen
Mit dem Bau eines Stollens beginnen, auch: den Erzkübel am Förderseil befestigen

Ausbiss
Stellen, an denen eine Erzader zu Tage tritt, er wird daher aus Gangausbiss genannt (siehe auch “Pingen

Bewetterung
Regelung der Luftzufuhr nach unter Tage, Absaugen der verbrauchten Luft (gute Wetter = atembare Luft, schlechte Wetter = verbrauchte oder sauerstoffarme Luft)

Bruchbau
Abbauverfahren, bei dem die Pfeiler und Zwischendecken (Schweben) zwischen den Strecken so lange geschwächt wurden, bis sie von selbst zusammenstürzten. Veraltetes und gefährliches, anfangs im Stahlberg eingesetztes Verfahren

Durchschlag
Stelle, an der ein Stollenvortrieb auf einen anderen Teil des Grubengebäudes trifft

Erbstollen
Der am tiefsten gelegene Stollen eines Bergwerks (mit Verbindung zur Außenwelt) heißt Erbstollen. Er dient dazu, das Wasser aus dem Bergwerk abzuleiten und für eine gute Bewetterung zu sorgen. Die jeweils tieferen Erbstollen “erbten” das Wasser der höher gelegenen. Manchmal wurden Erbstollen für mehrere Bergwerke gemeinsam angelegt. Dann teilten sich die Besitzer der beteiligten Gruben die enormen Kosten für den Bau und die Unterhaltung. Siehe hierzu auch Tiefenstollen oder Wasserlösungsstollen

Fahlerz
Fahlerz ist die Bezeichnung für ein metallisch glänzendes Mineral, das sowohl als dunkles Fahlerz (Kupferantimonsulfid oder Tetraedrit) oder als lichtes Fahlerz (Kupferarsensulfid oder Tennantit) vorkommt. Das Fahlerz spielte wegen des hohen Silbergehalts eine wichtige Rolle und wurde auch im Stahlberg abgebaut. In der Schwabengrube in Musen enthielt es auch Einsprengsel von Zinkblende und Kupfererz

Firstenbau
Besonders im Gangerzbergbau wie im Siegerland verbreitetes Abbauverfahren, bei dem Erz in Stufen von der tieferen zur nächst höheren Strecke abgebaut wird

Flügelort
Längere Abzweigung eines Stollens, die zwei weit entfernte Grubenteile verbindet

Förderkunst
Förderanlage mit Wasserradantrieb. Die Stahlberger Förderkünste von J.H, Jung aus Grund, einem Onkel von Jung-Stilling, waren Sonderkonstruktionen für besonders geringen Wasserzufluss Siehe Ausbiss

Gang
Alter bergmännischer Begriff, mit dem die mineralische Füllung eines tektonisch entstandenen offenen Risses bezeichnet wird, z.B. ein Erzgang

Gangausbiss
Siehe Ausbiss

Gedinge
Akkordarbeit

Gesenk
Von oben nach unten senkrecht oder schräg verlaufender Grubenbau, der eine Verbindung zwischen Strecken herstellt

Gewerke
Anteilseigner an einem Bergwerk oder einer Hütte (auch Kuxeninhaber oder Bergbautreibender)

Gewerkschaft
Zusammenschluss von Gewerken (Anteilseignern), die gemeinsam eine Grube oder Hütte besitzen

Hammerwerk
Mechanische Schmiede, angetrieben durch Wasserkraft. Der große hölzerne Fallhammer wurde durch eine spezielle Konstruktion durch Wasserkraft angehoben und fiel dann herunter, wobei der einen mächtigen Schlag auf das zu schmiedende Stück Eisen ausführte

Haspel, Haspelförderung
Seilwinde, die per Hand mit zwei Kurbeln oder maschinell angetrieben wurde. Das Seil wickelte sich um eine horizontale Welle. Die Haspelförderung war für die Förderung aus geringer Tiefe geeignet. Am Seil hing ein Eimer oder ein Kübel, der zum Materialtransport oder zur Förderung von Erzen sowie auch zum ein- oder ausfahren der Bergleute diente

Hüttenreise
Dauer der Betriebszeit eines Hochofens. Damit nicht zu viel Eisen produziert wurde (und dadurch die Verkaufspreise sanken) und wegen Wassermangels nicht alle Hütten auf einmal Wasser aus dem Bach zum Antrieb der Maschinen nutzten, aber auch, um die Wälder vor einem Raubbau zu schützen (Holz wurde zur Herstellung von Holzkohle benötigt), durften die Hütten viele Jahrhunderte lang nur an wenigen Tagen oder Wochen des Jahres betrieben werden. Da regelte die „Hüttenordnung" oder die „Hammerordnung"

Hund, Hunt
Schienengebundener vierrädriger Karren für die Förderung

Kompassmissweisung
Aufgrund der Tatsache, dass der magnetische Pol im Norden nicht mit dem geografischen Nordpol übereinstimmt und auch sonst die Magnetfeldlinien nicht ideal verlaufen, zeigt der Kompass fast nirgendwo exakt nach Norden, sondern je nachdem, wo man sich befindet mehr nach Osten oder mehr nach Westen. Diese Missweisung (Deklination) verändert sich über die Jahre

Kunstrad
Wasserrad, das ein Kunstgezeug antrieb

Kuxe
Anteilsschein an einem Bergwerk, ähnlich einer Aktie. Wenn das Bergwerk gut lief, bekam der Inhaber von Kuxen die Ausbeute, wenn es Verlust machte oder investiert werden sollte, musste er eine Zubuße zahlen, d.h. den Verlust ausgleichen

La-Tène-Zeit
(Sprich: Latän: Zeitraum vom 4. Jahrhundert v.Chr. bis 1. Jahrhundert n.Chr. Im Siegerland oft in Verbindung gebracht mit den La-Tène -Schmelzöfen der Kelten in der 2. (jüngeren) Eisenzeit. Der Name stammt aus der Schweiz und ist benannt nach der Örtlichkeit La Tène bei St. Blaise am Nordostende des Lac de Neuchâtel. La Tène ist eine Ausgrabungsstätte. Dort fand man Mitte des 19. Jahrhunderts, als man den See zur Verbesserung des Hochwasserschutzes absenkte, bedeutende Reste einer Siedlung. Bemerkenswert sind gut erhaltene eiserne Waffen aus jener Zeit aus Noricum (Steiermark), Kärnten, Bilbao (Spanien) oder aus dem Siegerland

Lachter
Längenmaß. Im Siegerland: preußische Lachter = 2,0923 m

Lichtlöcher
Zu Tage ausgehender Schacht über einem Stollen. Alle alten Stollen wurden nach der Lichtlochmethode gebaut. Dabei teufte man in regelmäßigen Abständen Bauschächte bis zum Stollenniveau ab und trieb den Stollen nach beiden Richtungen vor. Die Methode wurde schon in der Antike genutzt, stammt aus dem persischen Raum und erforderte eine ausgereifte Vermessung

Lösungsstollen
Wasserlösungsstollen lagen tiefer als die “richtigen” Stollen. Sie dienten dem Wasserabfluss aus den Stollen. Das Wasser konnte abfließen und stellte keine Gefahr für die Bergleute mehr dar

Luppe
Heißer Eisenklumpen als Ergebnis der Erzschmelze in einem Rennofen. Die Eisenluppe war teigartig und enthielt noch Spuren von Schlacke, die erst noch “ausgeschmiedet” werden musste, bevor das Eisen verwendet werden konnte

Molterstücke
Erzbrocken, die unterhalb des Ausbisses eines Erzganges zu finden waren. Das systematische Suchen dieser Brocken nannte man !Moltern”

Montanwesen
Gesamtbegriff für das Berg- und Hüttenwesen, also für die Gewinnung von Metallen im Bergbau und für das Schmelzen bzw. Weiterverarbeiten im Schmelzofen (verhütten)

Mundloch
Stollenöffnung, Stolleneingang, manchmal kunstvoll ausgeführt

Pingen
Stellen über Tage, an denen ganz früher Erz im Tagebau geschürft wurde. Meist waren diese Stellen dort, wo eine Erzader zutage trat (siehe aus Ausbiss oder Gangausbiss). Der Begriff wurde auch für Reste eingebrochener Schächte verwendet

Pochwerk
Mechanisches, durch Wasserkraft angetriebenes großes Hammerwerk zum Zerkleinern von Erzgestein

Pumpenkunst
Das von einem Wasserrad, später von einer Wassersäulen- oder Dampfmaschine angetriebene Pumpengestänge

Realteilung
Der historische Begriff Realteilung bedeutet, dass der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz, unter den Erbberechtigten real aufgeteilt wird. Diese Aufteilung findet bei jedem Erbgang statt, so dass die Anzahl von Kleinstparzellen sehr schnell ansteigt. Der Gegensatz ist das Anerbenrecht. die Realteilung wurde in Deutschland insbesondere im Süden praktiziert. Im Norden Deutschlands war der älteste Sohn der einzige Erbe. Andere Kinder wurden ausbezahlt, wenn überhaupt. Die Realteilung führte besonders in armen Gebieten zu absurden Ergebnissen, wenn etwa eine Bibel real geteilt und damit nutzlos gemacht wurde. In der Landwirtschaft führte die fortgesetzte Realteilung zu einer Zersplitterung des Ackerlandes in eine Vielzahl kleiner Äcker, oft in Form schmaler Streifen. Diese waren sehr ineffizient zu bearbeiten, zudem ging ein relativ hoher Anteil der nutzbaren Fläche für Grenzstreifen und Zufahrtswege verloren

Recken, Reckhammerwerk
Hämmern mit dicht nebeneinandergesetzten Schlägen in einem Reckhammerwerk

Rennofen
Aus Lehm und Feldsteinen gebauter ca. 1,50 m hoher, runder keltischer Schmelzofen in der La-Tène-Zeit ab 500 v. Chr. Sie standen an Berghängen um den aufsteigenden Wind zu nutzen. In die Öfen wurde schichtweise Holzkohle und Eisenerz eingebracht. Die Glut war bis etwa 1.000 ° C (später bis 1.200 ° C) heiß und brachte das Eisen in etwa 24 Stunden zum Schmelzen, taubes Gestein wurde aufgeschmolzen und lief als Schlacke ab. Daher kommt auch der Name: Rennen von Rinnen. Das Ergebnis war eine zähflüssige, von Schlacketeilchen durchsetzte Eisenluppe, die durch Schmieden weiterverarbeitet werden konnte. Die Renn- oder Windöfen gab es von der jüngeren Eisenzeit bis zum frühen Mittelalter. Ca. 1.500 v. Chr. wurden die ersten Rennöfen gebaut

Renteirechnung
Rechnungen gehörten zu den Beweisurkunden gezählt. Quittungen gelten sogar als “die gebräuchlichste Beweisurkunde”. Eine Rentei oder ein Rentamt ist eine frühere Bezeichnung für eine örtliche Finanzverwaltung bzw. für die Verwaltung größerer, meist landwirtschaftlicher oder z.B. gräflicher Vermögen

Riss
Bergmännischer Begriff für Zeichnung

Rösche
Kleiner Stollen für die Ableitung von Wasser

rösten, Röstofen
Oxidationsvorgang. Früher wurden sie sulfidischen Erze in offenen Haufen, später in Röstöfen auf 600-700 °C erhitzt, wobei der Schwefel als Schwefeldioxid entwich. Die sulfidischen Erze wurden dadurch in Oxide verwandelt und konnten verhüttet werden. Der Röstprozess stellte überall ein erhebliches Umweltproblem dar, das trotz aller Modernisierungen bis heute nicht behoben werden konnte

Rollen
Kleiner ausgebauter Schacht oder Silo, in den das Erz aus dem Abbau gekippt wird. Auf der nächst tieferen Strecke wird es in Hunde oder Züge geladen

Schwebe
Horizontaler Teil einer Lagerstätte, der zunächst nicht abgebaut wird und auf Sicherheitspfeilern liegt

Sohle
Gesamtheit aller auf einem bestimmten Niveau befindlichen Grubenbaue

Stahl
Als Stahl werden alle metallischen Legierungen bezeichnet, deren Hauptbestandteil Eisen ist und die durch Schmieden oder Walzen umformbar sind

Stollenmundloch
Siehe Mundloch

Strecke
Allgemeiner Begriff für einen horizontalen Grubenbau, der keine direkte Verbindung zur Erdoberfläche hat

Sümpfungswasser
Das an der tiefsten Stelle des Bergwerkes (Sumpf) gesammelte Sickerwasser

Teilsohlen-Bruchbau
Abbauverfaöhren, bei dem ein steil stehender Erzkörper von übereinander liegenden Teilsohlen gewonnen wird

Teufe
Bergmännischer Begriff für “Tiefe”

Teufen
Einen Schacht in die “Teufe” bauen, “abteufen”, also “abtiefen”

Tiefbau
Abbau unterhalb der Talsohle bzw. des am tiefsten gelegenen Entwässerungsstollens. Aus dem Tiefbau eines Bergwerkes kann das Wasser nur durch Pumpen entfernt werden

Tiefenstollen
Siehe Erbstollen

Treibschacht
In dem “Treibschacht”, auch “Förderschacht” genannt, wurden die vollen Erztonnen gehoben und die leeren in den Schacht hinab gelassen

Trümer (Trum)
Ausläufer - Alter bergmännischer Ausdruck für den Teil eines Erzgangs oder eines Grubenraumes wie z.B. Erztrum einer Lagerstätte, Fahrtrum oder Fördertrum in einem Schacht - kommt von zertrümmern im Sinne von zerteilen

Verhüttung
Verhüttung bezeichnet das (heute industriell betriebene) Ausschmelzen (Verhütten) von Metallen aus Erzen.

Wasserlösungsstollen
Durch ihn floss das Grubenwasser aus dem Bergwerk ins Freie. Siehe auch Erbstollen oder Tiefenstollen

Wasserrad
Ein Wasserrad dient der Nutzung der Kraft, die durch fließendes Wasser erzeugt wird. Sie sind mithin Vorläufer der heutigen Turbinen. Ein Rad wurde in einem künstlich angelegten Engpass zum Antrieb von Hammerwerken und anderen Vorrichtungen in Handwerk und Industrie eingefügt. Die älteste Form des Wasserrades ist das Stoßrad, das mit seinen Schaufeln horizontal in den Fluss eintaucht. Genutzt wird hier ausschließlich die Bewegungsenergie des Wassers. Daraus abgeleitet ist das unterschlächtige Wasserrad, bei dem zwischen Ein- und Austritt des Wassers eine leichte Höhendifferenz besteht und so neben der Bewegungsenergie auch die Höhen- bzw. Lageenergie des Wassers von der Bergseite her genutzt wird. Beim oberschlächtigen Wasserrad, welches im Mittelalter entwickelt wurde, sieht es etwas anders aus. Das Wasser fließt hier von oben auf muldenförmige Schaufeln, so dass das Rad hauptsächlich durch das Gewicht des Wassers angetrieben wird. Eine Mischform beider Räder mit überwiegender Nutzung der Lageenergie stellt das mittelschlächtige Wasserrad dar

Wassersäulenmaschine
Langsam laufende Kolbenmaschine, 1748 von Winterschmidt im Harz erfungen. Wassersäulenmaschinen waren bis ins 20. Jahrhundert in Harz und Erzgebirge in Betrieb und wurden zur Förderung oder Wasserhaltung eingesetzt

Windofen
Siehe Rennofen

 

Quellennachweise

Die Ausführungen auf dieser Seite basieren im wesentlichen auf einer Facharbeit von Sebastian Ahlering, die er im letzten Vierteljahr des Jahres 2005 (Abgabetermin: 14. Dezember 2005) unter dem Titel “Die Müsener Bergbauregion, dargestellt am Beispiel des Bergbaus “Auf dem Stahlberg”. Die Facharbeit wurde in der Klasse 10B der Wilhelm-von-Oranien-Hauptschule erstellt und wurde mit der Note “Sehr gut” benotet. Die Arbeit wurde “internettauglich” aufbereitet und ergänzt um Informationen über die anderen Gruben. Aus den vorher auf dieser Seite befindlichen Informationen über die Hütten und Walzwerke, also der verarbeitenden Industrie, wurde eine eigene Seite gemacht

Becker, Alfred, Der Siegerländer Hauberg, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einer Waldwirtschaftsform, vertag die wielandschmiede H. Zimmermann, Kreuztal, 1991

Becker, Alfred, Haubergs-Lexikon, Beiträge zur Geschichte der Stadt Siegen und des Siegerlandes, herausgegeben vom Siegerländer Heimat-und Geschichtsverein e.V., Band 14, verlag die wielandschmiede H. Zimmermann, Kreuztal, 2002

http://de.wikipedia.org/wiki/Fahlerz   Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Erläuterung des Begriffs „Fahlerz"

http://de.wikipedia.org/wiki/ Realteilung Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Erläuterung des Begriffs „Realteilung"

http://de.wikipedia.org/wiki/ Stahl Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Erläuterung des Begriffs „Stahl"

http://www.tetti.de/SOLINGEN/KOTTEN, Diverse Begriffserläuterungen zu Wasserkraft und Wasserrädern, skizzierte Bilder zu unterschiedlich konstruierten Wasserrädern

Diverse Autoren, Ich gab dir mein Eisen wohl tausend Jahr..., Beiträge zur Geschichte speziell zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte des Bergbezirks Musen und des nördlichen Siegerlandes, zur 900-Jahr-Feier zusammengetragen und bearbeitet von Wilhelm Müller, Musen, Herausgegeben vom Kulturverein Musen e.V., Verlag Vorländer, unveränderter Nachdruck, Siegen 1979, inkl. Aufzeichnungen der Ereignisse der Jahre 1979 bis 2004 in Musen, herausgegeben 2004 zur 925-Jahr-Feier, Zusammenstellung und Bearbeitung von Gernot Schreiber und Peter Helmes

Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald - Gruben, Hütten und Hammerwerke im Bergbaurevier Müsen, verlag die wielandschmiede, Kreuztal, H. Zimmermann, Kreuztal, Herstellung Druckhaus Kay, Kreuztal, 1999. Das Buch ist ein tolles Kleinod, leider aber seit Jahren vergriffen. Eine Neuauflage ist nicht in Sicht

Henning, Friedrich-Wilhelm, "Wirtschaftsgeschichte des Hilchenbacher Raumes", Die Entfaltung der Wirtschaft im nördlichen Siegerland seit dem Mittelalter  von Friedrich -Wilhelm Henning, Copyright Hilchenbacher Geschichtsverein e.V., Hilchenbach 1987

http://www.hauberg.onlinehome.de Der Siegerländer Hauberg, Übersicht über die Aktivitäten im Historischen Hauberg Kreuztal-Fellinghausen, insbesondere auch eine Darstellung der Verhüttungsversuche in rekonstruiertem Windofen mit den Mitteln, die den latènezeitlichen Kelten zur Verfügung standen

Stössel, Wolfgang, Bergmannskuh & Himbeerspat, Der Siegerländer Bergbau, Das Erklärbuch, mit Zeichnungen von Björn Steffens, 1. Auflage 2004, Verlag amadeusmedien Betzdorf

 

Bild 1: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 15

Bild 2: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 164

Bild 3: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 24

Bild 4: http://www.tetti.de/SOLINGEN/KOTTEN

Bild 5: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 43, (Original im Staatsarchiv Münster)

Bild 6: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 48

Bilder 7, 8, 13 und 14 sind eigene Bilder

Bild 9: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 18

Bild 10: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 24

Bild 11: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 58

Bild 12: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 66

Bild 15: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 27

Karte 1: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 26

Karte 2: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 21

Karte 3: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 60

Karte 4: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 60

Tabelle 1: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 25

Tabelle 2: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 25

Tabelle 3: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 43

Tabelle 4: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 43

Tabelle 5: Döring, Mathias, Eisen und Silber - Wasser und Wald, a.a.O., S. 44

 

 

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